Bullitt  (E-Mail nur eingeloggt Sichtbar) am 23.11.2006 21:03 Uhr
Thema: Achtung Killerspiel: GTA Vice City Stories
Neben Counterstrike werden die im gleichen Maße konservativen wie ahnungslosen Moralapostel bekanntlich durch drei Buchstaben auf den Plan gerufen: GTA. Böse, ganz böse. Erschreckend realistische Mord-Simulation. Macht dumm, macht morden wollen tun.

Wenn man sich das neueste Werk dieser Killerspiel-Serie ansieht dann fragt man sich mal wieder: Wie kommt ausgerechnet GTA zu dieser "Ehre"? Das ist wie immer comichaft übertrieben und mit Witzen aller Art bestückt dass man nun wirklich SEHR oberflächlich sein muss um das ernst zu nehmen. Das einzig relativ Realistische an GTA ist wie immer das zynische Gesellschaftsbild, welches bei genaueren Hinsehen zu erkennen ist...
Aber genug Politik jetzt, sich darüber aufzuregen ist eh zwecklos.

Bei Vice City Stories selbst ist mir sofort ein Gedanke gekommen: Alt! Der Charakter ist zu Fuß wie immer mächtig unbeholfen unterwegs, das Zielsystem erkennt wie üblich jede Person außer den Feinden und generell wirkt die gesamte Action steif und undynamisch. So weit, so gut - nichts anderes als eine Fortsetzung des im Grunde 5 Jahre alten Gameplays konnte man erwarten. Nur da es jetzt ein Scarface gibt fallen die üblichen GTA-Schwächen noch deutlich stärker auf.

Für die Akten, was ist neu verglichen mit dem Vorgänger (nicht San Andreas)? Victor kann schwimmen. Er kann aber nicht tauchen und nicht unendlich schwimmen. Viel mehr als ein rette-dich-aus-dem-Wasser-Feature ist es also nicht. Man hat jetzt auch nach einem Tod die Möglichkeit, seine kompletten Waffen für 2000 Dollar zurück zu kaufen. Größte Neuerung ist das Empire-Building-Feature.
Empire-Buildung bedeutet, dass man rund 20 ständig gleich langweilig aussehende Gebäude erobern kann, die dann Geld einbringen. Langweilig auch die Eroberung, die ständig nach dem selben Schema abläuft: Geparktes Auto zerstören, dann draußen ein paar Gangmitglieder abknallen, zu guter Letzt drinnen das Selbe. Gähn. Noch langweiliger wird dann die Verteidigung, bei der anscheinend immer ein Fahrzeug mit Gangmitgliedern kommt, nachdem man die beseitigt hat kommt das nächste Auto usw. Die etwa 10 Fahrzeuge ziehen sich so endlos hin - langweilige Zeitverschwendung.
Zum Glück muss man sich damit nicht beschäftigen.

Keine der Neuerungen ist irgendwie was Besonderes, aber es kann in manchen Situationen helfen. Ein wenig aufgesetzt wirkt das alles, bei Weitem nicht so durchdacht eingebaut wie in Scarface.

Die Grafik ist ein zweischneidiges Schwert. Technisch geht es absolut in Ordnung - auf der PSP sind Framerate, Texturen und Popups nur minimal schwächer als im Original auf der PS2. Das geht absolut in Ordnung, auch wenn für eine evtl. PS2-Umsetzung von VCS noch etwas geschraubt werden sollte. Was auf der PSP noch gut aussieht, sieht unverändert auf dem großen TV scheiße aus, wie man es an LCS bewundern kann.
Was Rockstar Leeds aber definitiv verbockt hat sind die Farben - es gibt zu viele dunkle, dreckige Farbtöne. Graue Straßen sind plötzlich braun, genauso wie diverse ehemals helle Mauern. Bei Tageslicht kommt die herrliche Atmosphäre des Originals einfach nicht mehr auf. Immerhin sieht es bei Nacht durch deutlich mehr Neonlichter noch sehr stilvoll aus...

Ebenso zweischneidig sind die Missionen. Am Anfang ist das Spiel einfach nur schlecht: Die ersten Missionen sind primitive Zeitverschwendung. Die Story handelt anfangs meist vom "Gangwar" zwischen Trailerpark-Rednecks und irgendwelchen Latinos - es war wirklich so langweilig wie es klingt.
Jedes andere Spiel hätte nach DIESEN ersten Stunden beerdigt, nur weil das originale Vice City eines meiner Heiligtümer ist, habe ich mich weiter durchgequält.
Mit der Zeit steigert sich das Spiel aber doch noch auf gutes altes GTA-Niveau. Die Missionen werden interessanter, keine LCS-mäßigen 100m fahren-Aufträge mehr. Die Story fängt erst richtig an. Der Hauptcharakter Victor Vance ist zwar bisher ein Langweiler, aber die Entwicklung rund um Lance Vance finde ich sehr gelungen.


Es gibt aber auch etwas, bei dem Vice City Stories GANZ oben mitmischt: Die Radiostationen. Hier kann ich mich wirklich nicht entscheiden ob das Original oder VCS besser ist... besser als alle weiteren GTA-Spiele ist das imo auf jeden Fall.
Der Umfang ist mit über 100 Songs genauso wie die "großen" GTA-Spiele oder Scarface. Die Songauswahl ist erwartungsgemäß etwas mehr Mainstream als bei Scarface, aber das bedeutet ganz sicher nicht, dass nur überspielte Songs laufen.
Sehr gut sind die Moderatoren - fast alle sind sehr witzig und stilecht. Es ist gut dass Scarface darauf verzichtet hat bevor es peinlich wird, aber wirklich _gute_ Moderatoren wie in VCS sind definitiv ein Gewinn was das Flair angeht.


Durch bin ich noch nicht weil ich zwischenzeitlich immer wieder von Scarface abgelenkt werde. Fazit bisher ist klar: Als Spiel ist es mit etwas guten Willen Durchschnitt, als 80er-Compilation jedoch ist es große Klasse. Jetzt habe ich meine Custom Tracks für Scarface. :)
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